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Reichstagssitzung (um 1905): Reichskanzler Fürst von Bülow spricht von der Re-gierungsbank aus. Links neben ihm sitzen der Staatssekretär des Innern und Stell-vertreter des Reichskanzlers von Pasadowsky-Wehner. Das Präsidium hat der Zen-trumspolitiker Graf von Ballestrem inne. In der Bildmitte führende Parlamentarier. (Das Gemälde stammt von Georg Waltenberger und hängt im Arbeitszimmer des Bundestags Präsedenten)
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1871 Reichsgründung
Nach dem Scheitern der National- versammlung in der Paulskirche von 1848/49 beginnt die Geschichte des geeinten deutschen Nationalstaates am 18. Januar 1871 mit der Kaiser-proklamation im Spiegelsaal zu Ver-sailles. Wenige Wochen später, am 21. März 1871, tritt der neu gewählte Reichstag in Berlin zusammen.
Trotz des allgemeinen und gleichen Wahlrechts spielt das Parlament in der Verfassung vom 16. April nicht die politische Rolle, die der sich ausbreitenden Industrialisierung und der aufkommenden modernen Massengesellschaft entsprochen hätte.
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Das höchste deutsche Parlament muß allzulange mit einer provisorischen Tagungsstätte, der umgebauten Königlich Preeißischen Porzellanmanufaktur in der Leipziger Strasse vorliebnehmen.
Das Parlamentsgebäude ist monumental und repräsentativ. Aber ein Mangel erweißt sich bald: Es fehlen Arbeitsräume für die einzelnen Abgeordneten.
1871 - 1914 Die Verfassungsreform bleibt aus
Inzwischen hat sich im Kaiserreich eine Entwicklung vollzogen, die niemand so recht vorausgesehen hat. Nachdem sich das monarchische System besonders in der Regierungszeit Wilhelms II. den Erfordernissen der Zeit zu wenig anpaßt, vollzieht sich im Reich Schritt für Schritt unter der Decke der kaiserlichen Scheinrealität ein Demokratisierungsprozeß. Die stürmische industielle Entwicklung mit ihren wirtschafts- und sozialpolitischen Problemen setzt neue politische Maßstäbe, die sich auf den Charakter und den Arbeitsstil des Reichstages auswirken. Durch das Anwachsen der bürgerlichen Mittelpateien und beson-ders der Sozialdemokraten verwandelt sich der Reichstag immer mehr in ein modernes Arbeitsparlament. Der Typ des Berufspolitikers zieht herauf. Das hervorgebrachte Honoratiorenparlament tritt zurück.
1914 - 1918 Der erste Weltkrieg
Reichstagssitzung am 4. August 1914: Die Abgeordneten bewilligen einstimmig die geforderten Kriegskredite. In den Belastungen des Weltkrieges an der Front und in der Heimat zeigt sich die Brüchigkeit des Kaiserreiches.
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Der Reichstag ist von der Führung und Kontrolle der auswärtigen Politik und der Militärpolitik ausgeschlossen. In der "Daily-Telgraph-Affäre" 1908 und in der "Zabern-Affäre" 1913 tritt die Entfremdung zwischen Krone und Volksvertretung zutage.
Im August 1914 muß Deutschland ohne wirkliche innere Bindung zwischen Regierung und Parlament in die Machtprobe des ersten Weltkrieges eintreten. In den unbarmherzigen Materialschlachten an der Kriegsfront und in den Entbehrungen, die der Heimat auferlegt worden sind, erweißt sich bald die innere Schwäche des Kaiserreiches.
Es ist kein Ruhmesblatt für die deutsche Monarchie, daß erst mitten im Kriege auf drängen vieler Parlamentarier die bereits von Paul Wallot vorgesehende Inschrift ,,Dem Deutschen Volke" über dem Hauptportal des Reichstages angebracht wird.
Als im Oktober 1918 angesichts der militärischen Niederlage Deutschlands durch eine Verfassungsänderung das parlamentarische System eingeführt wird, ist es zu spät, um die Monarchie noch durch Reformen retten zu können.
Der Kaiser muß abdanken.
9. November 1918 Ausrufung der Republik
Am 9. November 1918 hat die mit dem Zusammenbruch des Kaiserreiches einhergehende revolutionäre Welle die Reichshauptstadt Berlin ergriffen. Die Lage ist unübersichtlich. Die politische Alternative jedoch schält sich klar heraus:
Soll Deutschland eine sozialistische Rätediktatur werden, wi es die radikale Linke propagiert? Oder soll Deutschland eine parlamentarische Demokratie auf der Basis freier Wahlen werden?
In diesen entscheidungsvollen Tagen, die sich in den Mittagsstunden des 9. November kritisch zuspitzen, werden das Reichstagsgebäude und sein Vorplatz zur Geschichtlichen Szene.
Der sozialdemokratische Führer Scheidemann wird nach seinem eigenen Bericht zur Initiative gedrängt. Von einer Balkonbrüstung des Reichstagsgebäudes aus spricht er zu den Massen, die sich zwischen den mächtigen Säulen des Hauptportals und den Symbolen des Kaiserreiches - der Siegessäule und dem Bismarck-Denkmal - drängen.
Seine genauen Worte sind nicht überliefert, aber ein Ausruf ist bezeugt und wird von der Menge aufgenommen: Es Lebe die deutsche Republik".
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1918/19 Parlamentarische Demokratie oder Rätediktatur
Diese Bilder zeugen von der gespannten Lage von November 1918 bis Januar 1919: Soldatenräte tagen im Reichstag. Daneben Spartakisten Demonstrationen. Regierungstreue Truppen, und Plakate die zur Nationalversammlung aufrufen.
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Mit Scheidemanns Auftritt ist die Grundsatzentscheidung über die künftige Staatsform gefallen: Für die Republik. Ein Zurück zur Monarchie ist nun nicht mehr möglich.
Aber die Auseinandersetzungen mit den Arbeiter und Soldatenräten und mit den radikalen Linken sind noch nicht beendet. Die politische Szene zwischen den Schloß und dem Reichstagsgebäude - rund um das Brandenburger Tor - bleibt weiter voller revolutionärer Unruhe.
Im Reichstag biwakieren republik-treue Soldaten. Auf den Dächern der Ecktürme sind Maschinenge-wehre in Stellung gebracht.
Jetzt schlägt die Stunde der staatsmännischen Bewährung für Friedrich Ebert, den Parteivorsitzenden der Mehrheitsdemokratie. Unbeirrbar hält er an seinem Kurs fest: Freie Wahlen für eine verfassungsgebende Nationalversammlung. Die radikale Linke greift zum letzten Mittel: dem bewaffneten Aufstand. In Berlin brechen mitten im Wahlkampf für die Nationalversammlung, blutige Kämpfe aus, die erst durch den Einsatz von Militär niedergeschlagen werden können.
1919 Die neue Verfassung
Am 19. Januar 1919 finden die Wahlen zur Nationalversammlung statt. Sie bringen den hinter der Republik stehenden Parteien Sozialdemokraten, Zentrum und Demokraten eine klare Mehrheit. Sie erringen 75% der abgegebenen Stimmen. Wegen der butigen Unruhen und im Interesse einer sachlichen parlamentarischen Arbeit wird die Nationalversammlung am 6. Februar 1919 im Weimarer Nationaltheater eröffnet. Sie wählt Friedrich Ebert zum Reichspräsidenten. Kurz danach wird eine von der SPD, Demokraten und Zentrum getragene Regierung mit Philipp Scheidemann als Reichskanzler gebildet. Das ist der Beginn der parlamentarischen Demokratie in Deutschland. Die Nationalversammlung leistet gute Arbeit. Am 11. August 1919 unterschreibt Friedrich Ebert die Verfassungsurkunde. Diese Reichsverfassung begründet zum ersten Male in der deutschen Geschichte die parlamentarische Demokratie.
Die Nationalversammlung tagt im Nationaltheater in Weimar
1922 Politischer Mord
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Die junge Republik hat es schwer. Im Friedensvertrag von Versailles werden ihr schwere lasten auferlegt, allen voran die Gebietsabtretungen und die Reparationsforderungen. Die Republik muß die Friedensbedingungen anerkennen. Hierdurch wird eine politische Grundbewegung eingeleitet, die von der Republik wegführt. Bereits in der Reichstagswahl vom 6. Juni 1920 verlieren die Parteien der Weimarer Koalition die Mehrheit im Reichstag. Ein böses Wort kommt auf: ,,Republik ohne Republikaner".
Die Feinde der Republik gewinnen Oberwasser. Die innenpolitische Szene erfährt eine ungeahnte Verschärfung, als der Reichsaußenminister Walter Rathenau von Rechtsextremisten ermordet wird. Eine Serie von politischen Morden war vorausgegangen:
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Trauerfeier im Plenarsaal des Reichstages. Am Rednerpult unter Blumen und Kränzen die sterbliche Hüllle Rathenaus. Seine Mörder beraubten Deutschland um einen seiner besten Köpfe.
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An den Spartakus-Führer Karl Liebknecht und Rosa Luxemburg, dem bayerischen Ministerpräsidenten Kurt Eisner, den Unabhängigen Sozialdemokraten Haase und Gareis, dem Zentrumsabgeordneten und ehemaligen Reichsfinanzminister Matthias Erzberger.
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1923 Das Kriesenjahr
Der Sturz Sreesemanns vollzieht sich im Deutschen Reichstag in einer offenen Feldschlacht. -
Reichspräsident Ebert prophezeit, daß die engstirnige Parteipolitik, die dieses Regierungsbündnis beendet, der Republik zum Schaden gereicht wird.
Er sollte recht behalten.
Links oben: Die Anführer des nationalsozialistischen Putsches Hitler und Ludendorff. Daneben: Einmarsch französischer Truppen in das Ruhrgebiet 1923. Darunter: Lebensmittelschlangen in der Wirtschaftskrise 1923. Rechts daneben: Sturz des Kabinets Stresemann.
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Im Jahr 1923 gerät die Republik an den Rand des Abgrunds. Äußerer Druck und innere Zerrissenheit treffen zusammen: Die Ruhrbesetzung durch französische und belgische Truppen; der deutsche passive Widerstand und der damit einhergehende Wirtschafts- und Währungsverfall; die separatis-tischen Bestrebungen im Rheinland und in der Pfalz; die umstürzlerische Opposition der Kommunisten und Nationalsozialisten.
Die Republik überlebt, nicht zuletzt durch die Einsicht der Parlaments-mehrheit, die als ,,Große Koalition" in die deutsche Parlaments-Geschichte eingegangen ist. Diese Koalition reicht von den Sozialdemokraten über die Demokraten und Zentrum bis zur rechtsbürgerlichen Deutschen Volkspartei. Der Kanzler dieser Koalition wiurd der Parteivorsitzende Dr. Gustav Stresemann. Er und Friedrich Ebert sind die Architekten dieser Koalition. Sie Verstehen dieses Bündnis als den von einer soliden Reichstagsmehrheit getragenen Versuch der geschichtlichen Aussöhnung zwischen den Kräften der Tradition und der Neuordnung. -
Das Bündnis bricht nach 100 Tagen auseinander.
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1925 Eine Niederlage für die Republik
Oben: Trauerzug zu Friedrich Eberts Beisetzung. Unter: Verteidugung des neuen Reichspräsidenten von Hindenburg im Reichstag.
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Der frühe Tod des ersten Reichsprä-sidenten am 28. Februar 1925 ist für Deutschland tragisch. Der besonnenden Führung Friedrich Eberts verdankt die Republik ihre Behauptung während der krisenhaften Anfangsjahre. Sein Verdienst vor allem ist es, daß die Einheit des Reiches bewahrt wird. Dieser Mann hätte zu Lebzeiten den vielberufenen "Dank des Vaterlandes" verdient gehabt.
Der Kampf um seine Nachfolge ist hart. Im Entscheidenen Wahlgang unterliegt der Mann der Republik, der Zentrumspolitiker Marx, dem kaiserlichen Feldmarschall von Hindenburg.
Wie ein Brennspiegel wird im und um den mächtigen Reichtagsbau die deutsche Geschichte eingefangen. Auf den Trauerkondukt Friedrich Eberts folgt die Eidesleistung des neuen Reichspräsidenten Paul von Hindenburg. Wahrlich - die Geschichte der Weimarer Republik hat einen kurzen Atem, und ihr Herz schlägt im Reichstag.
Theodor Heuss hat Friedrich Ebert mit diesen Worten ein unvergängliches Denkmal gesetzt: "Als Könige versagten, hat dieser Sohn des breiten Volkes sich höchst königlich bewährt."
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